Не kann man nicht alles auf einmal lösen, man muss es Schritt für Schritt angehen… sich vorbereiten, um nicht die Hälfte all dessen zu verlieren, was man sich hart erarbeitet hat.
Ich ging nach Hause, in meiner Tasche lag eine kleine Schachtel. Darin befanden sich Uhren für Paul – elegant, teuer, die ich mit besonderer Sorgfalt ausgewählt hatte.
Monatelang hatte ich von meinem Gehalt Geld zurückgelegt, um ihm ein besonderes Geschenk zu machen.
Morgen hat mein Mann Geburtstag. Zweiundvierzig Jahre – kein runder Geburtstag, aber ich wollte diesen Tag zu etwas Unvergesslichem machen. Wir sind seit fünfzehn Jahren zusammen.
Ich erinnere mich, wie wir uns auf einer Feier eines gemeinsamen Freundes getroffen haben. Wir kamen ins Gespräch und unterhielten uns bis tief in die Nacht vor dem Eingang.
Der Aufzug in unserem Wohnhaus war immer launisch. Alt, aus der Zeit der DDR, mit Sperrholzverkleidungen, die mit Graffiti besprüht waren.
Ich drückte den Knopf, um den Aufzug zu rufen. Die Kabine kam langsam herunter, quietschte so, als ob sie Schwierigkeiten hätte, ihre Arbeit zu verrichten.
Endlich öffneten sich die Türen, das Licht flackerte. Ich trat ein und drückte auf den abgewetzten Knopf mit der Zahl „8“.
Die Türen schlossen sich, der Aufzug begann langsam nach oben zu kriechen.
Ich stellte mir vor, wie ich morgen den ganzen Tag mit meinem Mann verbringen würde. Am Abend würden Freunde und Eltern vorbeikommen.
Plötzlich machte der Aufzug einen abrupten Ruck und blieb stehen.
Ich drückte erneut auf die Acht. Dann versuchte ich andere Knöpfe. Ohne Erfolg.
– Das fehlt gerade noch! – murmelte ich frustriert. – So ein Pech.
Ich drückte den Notrufknopf. Aus dem Lautsprecher ertönte ein Rauschen, dann hörte ich eine junge Frauenstimme:
– Notrufzentrale, wie kann ich Ihnen helfen?
– Ich stecke im Aufzug zwischen dem ersten und zweiten Stock fest.
– Ich habe den Techniker informiert. Bitte warten Sie, Hilfe wird bald eintreffen.
– Und wann genau? – fragte ich, doch die Antwort war nur Schweigen. Die Verbindung war abgebrochen.
Ich zog mein Handy heraus. Der Empfang war schlecht – nur ein Balken.
Ich rief Paul an, aber er antwortete nicht. Wahrscheinlich war er in einer Besprechung oder in der U-Bahn. Zu dieser Zeit kam er normalerweise gerade nach Hause.
Etwa zwanzig Minuten vergingen. Ich hockte mich in der Ecke des Aufzugs und lehnte mich an die Wand.
Mein Handy war fast leer, also beschloss ich, es auszuschalten.
Plötzlich hörte ich Stimmen hinter der Tür.
Eine weibliche, klare Stimme mit einem leichten Kratzen.
Es war Ina – die Nachbarin aus dem zweiten Stock. Jung, attraktiv, immer auf hohen Schuhen. Wir hatten uns bei Begegnungen gegrüßt, waren aber keine engen Bekannten. Einmal half ich ihr, ihre Taschen zu tragen, und sie lud mich auf einen Tee ein, aber darüber hinaus gingen unsere Bekanntschaft nicht.
– Du hast es versprochen! – sagte sie bestimmt. – Wie lange willst du das noch aufschieben? Ich kann nicht länger warten!
Eine männliche Stimme antwortete etwas, aber zu leise. Ich konnte die Worte nicht verstehen, nur die Intonation – rechtfertigend, leicht gereizt.
– Deine Versprechen sind nichts wert! – fuhr Ina fort. – Ich kann das nicht mehr ertragen! Du bist ein erwachsener Mann, verhalte dich nicht wie ein Kind!
Ich horchte ungewollt. Ein familiärer Konflikt?
In einer anderen Situation hätte ich mich unwohl gefühlt beim Lauschen, aber aufgrund der Langeweile und Aussichtslosigkeit war ich unfreiwillig Zeugin des Gesprächs geworden.
– Was willst du von mir, Ina?
Die männliche Stimme wurde lauter, und ich erstarrte.
Der Klang, die Intonation… War das Paul?
Ich drückte mich an die Aufzugstür. Das kann nicht sein.
Paul sollte bei der Arbeit sein. Oder zu Hause. Aber nicht in der Wohnung unserer Nachbarin.
– Ich will, dass du ihr endlich die Wahrheit sagst, – Ina’s Stimme zitterte vor Empörung. – Du musst dich scheiden lassen. Wie lange soll das noch dauern? Wie lange willst du dir Zeit lassen?
– Man kann nicht alles auf einmal lösen, verstehst du, – jetzt wusste ich sicher, dass es die Stimme meines Mannes war. – Man muss sich vorbereiten. Bei einer Scheidung verliere ich die Hälfte des Vermögens: die Wohnung, das Auto, das Wochenendhaus…
– Und unser Sohn? Hast du auch nur ein bisschen an ihn gedacht?
Die Welt um mich herum schien zu wanken, als hätte ich den Boden unter den Füßen verloren. Sohn? Worüber redet sie?
– Er wird bald ein Jahr alt, – fuhr Ina mit einem deutlichen Vorwurf in der Stimme fort. – Er sieht seinen Vater nur am Wochenende, und das auch nicht immer. Wie kannst du dich Vater nennen, wenn du nie da bist?
Ich wollte schreien, mit aller Kraft gegen die Aufzugtür hämmern. Ich wollte laut sagen, dass ich jedes Wort mitgehört hatte. Aber mein Körper schien wie erstarrt, gehorchte mir nicht.
Ich erstarrte, als wäre ich in einen eisigen Abgrund gefallen. In meinem Kopf schwirrten zerfetzte Gedanken, Erinnerungen und Fragen.
– Warte noch ein bisschen, – Pauls Stimme klang erschöpft und leblos. – Ich habe alles schon durchdacht. Alles wird bald geregelt.
– Was genau hast du durchdacht? – Ina schnitt skeptisch ein. – Du redest immer das Gleiche. Du hast immer Ausreden.
– Ich habe begonnen, Geld auf ein anderes Konto zu überweisen, – antwortete er sachlich. – Das Auto hab ich auf meinen Bruder angemeldet. Bald sage ich, dass ich auf Geschäftsreise gehe, und dann beantrage ich die Scheidung. So ist es für alle einfacher.
– Warum nicht jetzt? – in ihrer Stimme klang offenkundiges Misstrauen.
Ich sank langsam auf den Aufzugsboden, drückte die Schachtel mit der Uhr so fest, als könnte sie mich davor bewahren, in den Abgrund zu stürzen.
Meine Gedanken vermischten sich, stießen aufeinander und rissen sich nacheinander los. Wie ist das passiert? Wann? Wir waren doch so glücklich! Wir hatten sogar Pläne, diesen Sommer eine neue Sauna im Wochenendhaus zu bauen.
Paul war immer so aufmerksam und fürsorglich gewesen. War das alles nur eine Maske?
Und dann erinnerten mich die Worte meiner Mutter. Vor der Hochzeit hatte sie meine Hände genommen und ernst gesagt:
„Paul ist ein auffälliger Mann. Um solche Männer versammeln sich immer viele Frauen. Sei vorsichtig, dass er eure Ehe nicht ruiniert.“
Damals hatte ich nur gelacht. Ihre Warnung schien mir lächerlich und unangebracht.
Wie sehr ich mich geirrt hatte…
Die Stimmen hinter der Tür verstummten. Es schien, als ob das gesamte Gebäude in Stille versunken war und mich allein zurückließ.
In meinem Kopf kreisten tausend Fragen: Seit wann geht das schon so? Wissen die anderen Nachbarn davon? Und vor allem – was soll ich jetzt tun?
Wenn Paul so etwas mit mir vorhatte, dann werde ich den ersten Schritt machen. Ich entschied, ihn an seinem eigenen Geburtstag zu entlarven. Lass ihn erfahren, was seine Lügen kosten werden.
Nach einigen Minuten klopfte es an die Aufzugtür.
– Hey, ist da jemand? – ertönte eine männliche Stimme.
– Ja, ich bin hier! – rief ich zurück und mühte mich auf. Meine Beine waren vom langen Sitzen taub.
– Ich öffne gleich, machen Sie sich keine Sorgen!
Es ertönte ein Kratzen von Werkzeugen, und nach ein paar Minuten öffnete sich schließlich die Tür des Aufzugs.
Draußen stand ein älterer Techniker im blauen Overall mit dem Logo der Hausverwaltung. Graue Haare, ein faltiges Gesicht, grobe Hände.
– Na bitte, – er lächelte, – Freiheit! Wie lange waren Sie hier festgesessen?
– Ich weiß es nicht genau. Mein Handy ist leer, und ich habe keine Uhr, – antwortete ich, während ich aus dem Aufzug trat.
Mit Erleichterung richtete ich mich auf und spürte, wie die Spannung meinen Körper verließ.
– Diese alten Aufzüge sind völlig unzuverlässig, – seufzte der Techniker. – Aber sie wollen sie nicht ersetzen. Es gibt kein Geld, sagen sie.
Ich nickte, bedankte mich bei ihm und ging langsam zu Fuß in den achten Stock.
Ich öffnete die Wohnungstür. Paul war schon da, saß im Wohnzimmer mit einem Laptop auf den Knien. Die Brille rutschte ihm auf die Nasenspitze, die Haare waren zerzaust – so machte er es immer, wenn er sich konzentrierte.
– Oh, du bist zurück! – lächelte er mir mit seinem vertrauten warmen Lächeln zu. – Ich habe dir angerufen, aber du hast nicht geantwortet.
– Ich saß im Aufzug fest, – antwortete ich und bemühte mich, dass meine Stimme normal klang. – Mein Handy war fast leer.
– Schon wieder dieser Aufzug, – schüttelte Paul den Kopf. – Wir sollten eine Sammelbeschwerde einreichen. Wie lange soll das noch so weitergehen?
Ich sah ihn an und verstand nicht, wie er so geschickt lügen konnte. Jede seiner Gesten, jede Intonation schien mir nun falsch und gespielt.
– Willst du zu Abend essen? – fragte ich und ging in die Küche. – Ich mache Pasta.
– Natürlich, – antwortete er. – Soll ich helfen?
– Nein, ich schaffe das schon, – wies ich ihn ab und begann, die Zutaten aus dem Kühlschrank zu holen.
Der Abend verlief wie gewohnt. Wir aßen zu Abend, besprachen die Nachrichten, schauten eine Serie. Paul erzählte von seinen Arbeitserlebnissen, ich hörte aufmerksam zu, nickte und lachte über seine Witze.
Währenddessen wuchs mein Plan in mir.
Der Morgen des folgenden Tages begann mit meinem absichtlich fröhlichen:
– Herzlichen Glückwunsch zum Geburtstag, mein Lieber!
Paul öffnete die Augen, streckte sich und lächelte.
– Danke, meine Liebste.
– Ich habe eine Überraschung für dich, – lächelte ich geheimnisvoll. – Aber zuerst musst du deine Augen schließen.
– Was hast du vor?
– Das wirst du sehen, – ich holte seine dunkelblaue Krawatte aus dem Schrank. – Dreh dich um, damit ich dir die Augen binden kann.
Paul drehte sich gehorsam um. Ich band ihn vorsichtig mit der Krawatte, ohne dass er etwas sehen konnte.
– Wohin führst du mich? – fragte er, als ich ihn aus der Wohnung führte.
In seiner Stimme klangen Neugier und leichte Besorgnis.
– Hoffentlich nicht zu einem Fallschirmsprung? Du weißt, dass ich Höhenangst habe.
– Das wirst du gleich erfahren, – antwortete ich und führte ihn zum Aufzug. – Vertrau mir einfach.
Wir fuhren in den zweiten Stock. Ich führte Paul aus dem Aufzug und stellte ihn vor die Tür von Inas Wohnung.
Ich drückte den Klingelknopf.
Jede Sekunde des Wartens schien endlos zu dauern.
In meinem Kopf malte ich mir die Szenen aus: Die Tür öffnet sich, und ein Ausdruck des Schocks erscheint auf Inas Gesicht. Ich stellte mir ihr Erstaunen vor.
Endlich öffnete sich die Tür einen Spalt. Die Nachbarin stand im Hausanzug mit einem Handtuch auf noch nassen Haaren in der Tür. Ihr Gesicht zeigte nur ein leichtes Unverständnis.
— Nimm ihn mit, — sagte ich und schob Paul leicht nach vorne.
— Was? — Ina sah uns mit offenem Mund an.
Ich führte meinen Mann in die Wohnung hinein. Er verstand immer noch nichts, folgte mir aber brav.
— Du kannst die Augenbinde abnehmen, — sagte ich bestimmt.
Paul zog die Krawatte von seinen Augen, blinzelte und begann sich umzusehen.
— Wo sind wir? Was passiert hier? — Er wandte den Blick zwischen mir und Ina hin und her, ohne zu begreifen, wo er war. — Wessen Wohnung ist das?
Ich verschränkte die Arme vor der Brust und bereitete mich auf die Auflösung vor.
— Frag deine Ina, — warf ich kalt ein.
Paul starrte Ina mit so viel echtem Unverständnis an, dass ich für einen Moment zögerte.
— Was redest du da? — fragte er, schaute fragend zwischen mir und Ina hin und her. — Vika, kannst du das bitte erklären?
Ina sah ebenso verwirrt aus.
— Seid ihr völlig verrückt? — fragte sie.
— Mach Schluss mit dem Spiel, — zischte ich. — Ich habe gestern alles gehört. Euer Gespräch am Aufzug.
Ina runzelte die Stirn.
— Welches Gespräch? Gestern war ich den ganzen Tag bei der Arbeit. Ich kam erst um neun Uhr abends nach Hause. Ich hatte bis acht Uhr in dem Geschäft Schicht.
Ich öffnete den Mund, um zu antworten, doch in diesem Moment trat ein Mann aus der Küche.
In seinen Armen saß ein kleiner Junge, der genüsslich an einem Keks knabberte.
— Was ist hier los? — fragte er, und ich erstarrte.
Seine Stimme… dieser Klang, diese Intonation… Fast ein exakter Klon von Pauls Stimme. Sogar seine Sprachweise hatte Ähnlichkeit.
Mir wurde heiß. Der Mann sah äußerlich ganz anders aus als Paul, aber ihre Stimmen… sie waren nahezu identisch.
Ich lachte, ergriff Pauls Hand und zog ihn zum Ausgang.
— Entschuldigung, — wandte ich mich an die Nachbarin. — Das war ein Missverständnis. Wir gehen jetzt.
Zu Hause erzählte ich meinem Mann die ganze Geschichte. Paul hörte mir mit Interesse zu, als würde er einen spannenden Film verfolgen.
Dann schüttelte er den Kopf und umarmte mich.
— Vika, wie konntest du nur glauben, dass ich zu so etwas fähig bin? Nach fünfzehn Jahren zusammen? Du weißt doch, wie sehr ich dich liebe.
— Du würdest es glauben, wenn du selbst in so einer Situation bist, — lächelte ich. — Entschuldige für dieses Schauspiel.
— Kein Problem, — lächelte Paul zurück. — Jetzt haben wir eine amüsante Geschichte für unsere Familienabende.
Schließlich holte ich die Schachtel aus meiner Tasche und reichte sie ihm.
Paul war begeistert von dem Geschenk, legte sich die Uhr sofort an und bewunderte sie den ganzen Tag.
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